Frauenrechte und Reproduktivegesundheit müssen viel stärker als bisher in den Fokus der Entwicklungspolitik rücken.
Frauenrechte und Reproduktivegesundheit müssen viel stärker als bisher in den Fokus der Entwicklungspolitik rücken.
“Viele afrikanische Politiker lehnen Geburtenkontrolle als „rassistisch“ oder „imperialistisch“ ab. Sie kämpfen gegen Pille, Kondom und Spirale. Damit inszenieren sie sich als Kämpfer für die afrikanische Sache. Denn, so ihre Botschaft, viele Kinder zu haben sei afrikanisch. Wenige Kinder dagegen europäisch. Und überhaupt würden die Europäer ja sehen, was sie davon haben – nämlich eine schrumpfende Bevölkerung.
Afrikanische Staatschefs zeigen mit Kindern ihre Macht, wohl auch ihre Manneskraft: Der König von Swasiland, einem der ärmsten Länder der Welt, hat 30 Kinder. Selbst im Vorzeigeland Südafrika bringt es der ehemalige Präsident Jacob Zuma auf 23 Kinder.
Trotzdem kommt in den „10 Thesen für einen Marshallplan mit Afrika“ des Bundesministeriums für wirtschaftliche Zusammenarbeit das Wort Geburtenkontrolle nicht einmal vor. Von den 10,2 Milliarden Euro Entwicklungsgeldern (2019) gehen gerade einmal 200 Millionen in Afrikas drängendstes Problem, also läppische zwei Prozent. Bevölkerungswachstum ist nicht per se schlecht, solange es genügend zu essen gibt und genügend Ärzte, Schulen und Arbeit.
Wenn aber nicht, dann erhöhen viele Kinder den Druck auf die wenigen informellen Arbeitsplätze als Wachmann, Putzfrau oder Orangenhändler. Für viele bleibt nur, sich zu prostituieren, ins Drogengeschäft einzusteigen oder für eine Terrorgruppe zu arbeiten.
Die Argumente für mehr Geburtenkontrolle sind klar: Frauen müssen ihr Leben gestalten können. Es gehört zu ihrer Freiheit und Würde, nicht gebären zu müssen, wenn sie nicht wollen. Wenn Mädchen und Frauen kontrollieren können, ob und wann (und von wem) sie schwanger werden, werden sie und ihre Kinder gesünder sein. Das entlastet die ohnehin völlig überforderten Gesundheitssysteme. Mit Verhütungsmitteln kontrolliert man auch den Zeitpunkt der Schwangerschaft.
So können Frauen verhindern, während einer Krankheit oder einer Dürre schwanger zu werden. Oder während einer Ausbildung, die ihnen ermöglicht, einen Beruf zu lernen, Geld zu verdienen und langfristig zur Volkswirtschaft beizutragen. Manche sagen, Frauen in Entwicklungsländern würden sowieso disziplinierter arbeiten als Männer.
Weniger Verteilungskampf bedeutet auch weniger Aggression – und weniger Kämpfer für Boko Haram und al-Shabaab. Natürlich ist der Kampf gegen den Terror nicht allein ein Kampf gegen die Armut. Aber die Terrorcamps dürfen nicht der einzige Ort sein, an dem ein junger Mann (oder eine Frau) etwas lernt.
In vielen afrikanischen Ländern ist der Einfluss der Kirche groß, was für die Geburtenkontrolle nicht hilfreich ist. Aber es gibt verwandte Themen, bei denen man die Bischöfe um Unterstützung bitten könnte: zum Beispiel die Bekämpfung von Kinderehen, sexueller Gewalt und Polygamie. Letztere zielt unter anderem darauf, dass ein Mann viel mehr Kinder zeugt, als eine Ehefrau gebären könnte.
Was man tun kann, ist relativ leicht zu beschreiben: Stellen wir Dreimonatsspritzen zur Verhütung kostenlos zur Verfügung und knüpfen wir Hilfsgelder an entsprechende Ziele. Bauen wir gynäkologische Abteilungen auf, die Frauen über die Möglichkeiten der Verhütung aufklären. Bieten wir Lehrstühle für Verhütungsforschung und Geburtenkontrolle an.
Bilden wir Erzieher und Lehrerinnen im Fach Gesundheit und Empfängnisverhütung aus – für Jungen wie für Mädchen. Suchen wir uns Partner in Ländern mit Erfolg versprechender Bevölkerungspolitik wie Ruanda, Botswana, Äthiopien. Um die Akzeptanz zu erhöhen, käme für muslimische Länder Tunesien infrage.
Aber vor allem: Hören wir endlich auf, uns Afrika schönzureden. Wer das tut, ist kein Freund Afrikas. Er ist jedenfalls ein Feind der afrikanischen Mädchen und Frauen, die auf ein besseres Leben hoffen.”
Quelle: Die Welt – 19.09.2019
https://www.welt.de/debatte/kommentare/article200545880/Helin-Evrim-Sommer-Linke-Reden-wir-ueber-Afrikas-Geburtenrate.html?wtrid=socialmedia.email.sharebutton
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